Der Europäische Gerichtshof (EuGH) hat am 11. November 2025 im Verfahren C-19/23 – Dänemark gegen Parlament und Rat weitgehend die Gültigkeit der EU-Richtlinie über angemessene Mindestlöhne bestätigt.
Dänemark hatte die Richtlinie angefochten und geltend gemacht, sie verletze nationale Zuständigkeiten bei der Lohnfestsetzung sowie das Koalitionsrecht. Der Gerichtshof folgte dieser Argumentation nur teilweise. Zwei Bestimmungen wurden für nichtig erklärt, da sie einen unmittelbaren Eingriff in die nationale Lohnfestsetzung darstellen:
die verbindliche Vorgabe von Kriterien für die Festlegung und Aktualisierung gesetzlicher Mindestlöhne,
sowie das Verbot einer Senkung gesetzlicher Mindestlöhne bei automatischer Indexierung
Im Übrigen wies der EuGH die Klage ab. Insbesondere stellte er fest, dass die Richtlinie nicht unmittelbar in das Koalitionsrecht eingreift. Die Förderung von Tarifverhandlungen zur Lohnfestsetzung sei keine Verpflichtung zu gewerkschaftlicher Mitgliedschaft.
Der Gerichtshof betonte, dass die Richtlinie einen unionsweiten Rahmen zur Verbesserung der Lebens- und Arbeitsbedingungen schafft und die EU damit grundsätzlich im Rahmen ihrer Kompetenzen handelt.
Die Entscheidung hat mittelbare Bedeutung für die jüngste Anpassung des gesetzlichen Mindestlohns. In der Mindestlohnanpassungsverordnung wurde die Erhöhung auf 14,60 Euro beschlossen – unter Verweis auf eine umfassendere Betrachtung als bloß die tarifliche Entwicklung. Wäre allein diese maßgeblich gewesen, hätte der Mindestlohn laut Begründung lediglich 14,02 Euro betragen.
Da der EuGH die Bestimmung der EU-Richtlinie aufgehoben hat, die Kriterien zur Mindestlohnhöhe verbindlich vorgibt, dürften solche Überlegungen künftig nicht mehr Teil der Erwägungen über die Höhe des gesetzlichen Mindestlohnes sein. Umso bemerkenswerter ist es, dass die Mindestlohnkommission ihre Geschäftsordnung jüngst dahingehend angepasst hat, dass der Medianlohn als zusätzliches Kriterium in die Mindestlohnbestimmung einfließt.