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Tarifpolitische Einschätzung des Wahlkampfprogrammes der CDU, SPD und Grünen

SPD und CDU haben ihr Wahlprogramm für die kommende Bundestagswahl veröffentlicht. In diesem Artikel finden Sie eine kurze Analyse der tarifpolitischen und sozialpolitischen Ziele beider Parteien.

22.01.2025




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Tarifpolitische Einschätzung des Wahlkampfprogrammes der CDU, SPD und Grünen

Wir haben in einer Analyse geprüft, was die Parteien zu tarif- und sozialpolitischen Themen in ihren Wahlprogrammen für die kommende Bundestagswahl angekündigt haben. Kernunterschiede sind bei Tarifautonomie, Mindestlohn und Streikrecht zu verorten. Die Positionen der Parteien im Überblick.

 

Die SPD plant neben vielen wirtschafts- und arbeitsmarktpolitischen Themen insbesondere die tarifpolitischen Themen vordergründig zu bearbeiten. Bereits vor dem Bruch der Koalition wurde der äußerst fragwürdige Entwurf eines Bundestariftreuegesetzes veröffentlicht, das Unternehmen bei öffentlichen Aufträgen an bestimmte Bedingungen von Tarifverträgen binden soll. Dieser Entwurf hat zwar das Kabinett erfolgreich durchlaufen, eine Verabschiedung in dieser Legislaturperiode ist aber unwahrscheinlich. Im Wahlprogramm findet sich daher weiterhin der Plan, ein Bundestariftreuegesetz zu verabschieden und darüber hinaus sogar ein europäisches Tariftreuegesetz auf den Weg zu bringen. Im laufenden Wahlkampf wird die SPD weitere tarifpolitische Themen auf der Agenda haben, die es zu analysieren und kritisch zu betrachten gilt.

 

Unter der Überschrift „Wir wollen gute Löhne für alle“ greift die Partei gleich wieder das Thema Mindestlohn auf. Es wird weiterhin davon ausgegangen, dass die europäische Mindestlohnrichtlinie Vorgaben für nationale Mindestlöhne macht. Es wird weiterhin verkannt, dass die Werte der Richtlinie - der Mindestlohn kann sich an 60 Prozent des mittleren Einkommens orientieren - für die Mitgliedsstaaten nicht bindend sind. Diese Auffassung ist nicht nur mit geltendem Europarecht unvereinbar, sondern untergräbt auch die gesetzlich manifestierte Unabhängigkeit der Mindestlohnkommission.

 

Gegen eine gesetzliche Erhöhung des Mindestlohns an der Kommission vorbei sprechen mehrere Argumente. Unabhängig davon, dass die Richtlinie keine verbindlichen Vorgaben machen kann, hat die Bundesregierung bereits im letzten Jahr festgestellt, dass das Mindestlohngesetz die EU-Mindestlohnrichtlinie erfüllt. Wenn die SPD sich die Einhaltung der Richtlinie zum Ziel gesetzt hat, dann hat sie sich diesen Erfolg bereits selbst erklärt.

 

Auch das Streikrecht soll in keiner Weise eingeschränkt werden. Allerdings haben die arbeitskampfreichen letzten beiden Jahre gezeigt, dass insbesondere sensible Infrastrukturen auch im Streikfall ein Mindestmaß an Sicherheit benötigen. Dafür spricht auch die Tendenz, den Arbeitskampf nicht mehr als ultima ratio einer Tarifauseinandersetzung zu sehen, sondern ihn bereits zu Beginn der Tarifverhandlungen bei der Aufstellung der Forderungen anzukündigen und anzudrohen.

 

Die Grünen haben ähnliche bis weitergehende Forderungen wie die SPD. Der Mindestlohn soll noch in diesem Jahr auf 15 Euro angehoben werden und dies auch für unter 18-Jährige. Sie beziehen sich ebenfalls auf die EU-Mindestlohnrichtlinie und rechnen dieser mehr rechtliche Verbindlichkeit zu, als das Europarecht überhaupt erlaubt. Wie dieser erreicht werden soll, lässt das Wahlprogramm offen. Da eine Anhebung von derzeit 12,81 Euro auf 15,00 Euro noch in diesem Jahr durch die Mindestlohnkommission unwahrscheinlich erscheint, lässt dies darauf schließen, dass auch die Grünen den Mindestlohn an der Kommission vorbei politisch festlegen lassen will. Auch das Bundestariftreuegesetz wird weiterhin von der Partei geplant, weil sie damit die Tarifbindung erhöhen wollen. Die Argumente gegen diese politischen Forderungen sind die gleichen, wie bei der SPD.

 

Auch die Betriebsräte sollen unter den Grünen gestärkt werden. Themen wie Klima- und Umweltschutz sowie Qualifizierungsmaßnahmen und Gleichstellung im Betrieb sollen Mitbestimmungspflichtig werden. Greifen diese Mitbestimmungsrechte aber so weit, dass entsprechende Maßnahmen erzwungen oder verhindert werden können, erhält der Betriebsrat Mitbestimmungsrechte, die ihm nicht zustehen. Gerade Maßnahmen für Klima- und Umweltschutz gehen oft mit erheblichen finanziellen Belastungen einher. Gerade in Zeiten der wirtschaftlichen Anspannung in allen Branchen brauchen Unternehmen die Freiheit, weitreichende finanzielle Entscheidungen unabhängig treffen zu können.

 

Das Wahlprogramm der SPD sowie der Grünen für die Neuwahlen in diesem Jahr lässt auf ein abnehmendes Verständnis von Tarifautonomie und den Regeln des geltenden Rechts schließen. Viele Punkte des Programms lassen eine Politik erkennen, die nicht von gutem Handwerk und der Stärkung der Tarifautonomie zeugt, sondern von Ideologie.

 

Die CDU plant grundsätzlich mit einer Stärkung der Sozialpartnerschaft und der Tarifbindung. Dazu solle unter anderem die Allgemeinverbindlichkeit von Tarifverträgen gestärkt werden und der Weg geebnet werden zu mehr Tariföffnungsklauseln. Dies ist zu begrüßen, vor allem die Individualität von betrieblichen Belangen kann durch entsprechende Öffnungsklauseln erweitert werden. Zu starre Tarifkonzepte schränken die Attraktivität der Tarifbindung ein. Auch der Schutz der positiven wie negativen Koalitionsfreiheit ist zu begrüßen. Es geht aus dem Wahlprogramm nicht hervor, ob damit auch ein Vorgehen gegen die Pläne der SPD zu einem Bundestariftreuegesetz geeint sind. In Anbetracht einer möglichen Koalitionsbildung mit der SPD wäre hier eine konkretere Positionierung wünschenswert gewesen.

 

Wesentlich konkreter wird das Wahlprogramm der CDU beim Mindestlohn. Sie setzt sich aktiv für eine Unabhängigkeit der Mindestlohnkommission ein und lehnt eine Lohnfindung durch die Politik ab. Als Kernforderung von einigen Parteien, den Mindestlohn außerordentlich auf 15 Euro anzuheben, ist dies ein wichtiges Zeichen an die Sozialpartner, dass die Lohnfindung bei ihnen liegt und nicht bei der Politik.

 

Zu den Plänen der SPD, ein Bundestariftreuegesetz zu verabschieden äußert sich das Wahlprogramm der CDU leider nicht. In Anbetracht einer möglichen „Großen Koalition“ und den vehementen Plänen der SPD das Gesetz durchzubringen, wäre eine klarere Positionierung gegen dieses Vorhaben wünschenswert gewesen.

 

Das Wahlprogramm der CDU lässt im Vergleich zur SPD auf ein besseres Verständnis von Sozialpartnerschaft und Koalitionsfreiheit schleißen. Besonders die Ablehnung eines Mindestlohnes, der im Bundestag festgelegt ist, zeugt von Verständnis um die Bedeutung der Mindestlohnkommission und die Rolle der Sozialpartner. Es bleibt zu hoffen, dass die SPD im Falle einer Regierungsposition ihre tarifpolitischen Pläne nicht in die Tat umsetzt, um die Sozialpartner und die Tarifautonomie nicht zu schädigen.





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