Ob Bundesregierung oder Junge Union – echte Antworten auf die Herausforderungen des Rentensystems bleiben bislang aus. Der Reformbedarf ist groß, doch die Konzepte reichen nicht aus. Für eine stabile Altersvorsorge der Zukunft braucht es neue Ideen, die näher an der Arbeitsrealität liegen und individuellen Lebenswegen gerecht werden.
Das Rentenpaket der Bundesregierung verfolgt das Ziel, das Rentenniveau bis 2031 zu stabilisieren und gleichzeitig bestimmte Gruppen, insbesondere Eltern älterer Jahrgänge, stärker zu unterstützen. Dazu gehören die Fortführung der Haltelinie beim Rentenniveau von mindestens 48 Prozent, die Erweiterung der Mütterrente für vor 1992 geborene Kinder, flexiblere Möglichkeiten zur Weiterarbeit im Rentenalter sowie eine Erhöhung der Bundeszuschüsse, um das System kurzfristig finanziell zu stützen. Diese Maßnahmen geben zwar kurzfristige Sicherheit, verwalten jedoch im Kern lediglich den Status quo, ohne die strukturellen und langfristigen Herausforderungen des Rentensystems wie den demografischen Wandel, steigende Kosten und die veränderte Arbeitswelt zu lösen.
Auch die Junge Union positioniert sich kritisch gegenüber dem Rentenpaket und bringt eigene Reformvorschläge ein. Dazu zählen die Kopplung des Renteneintrittsalters an die Lebenserwartung, ein Beitragsmoratorium sowie eine Lockerung der Kopplung von Lohn- und Rentenentwicklung. Zudem spricht sich die JU für eine stärkere kapitalgedeckte Vorsorge aus, etwa durch Frühstart-Modelle, und lehnt zusätzliche Belastungen der jungen Generation ab. Die Vorschläge der Jungen Union erkennen zwar die langfristigen Probleme deutlicher an, bleiben jedoch in ihrer Ausgestaltung häufig zu allgemein und berücksichtigen die stark unterschiedlichen Lebens- und Arbeitsrealitäten vieler Menschen nur unzureichend.
In der Gesamtbetrachtung reichen weder das Rentenpaket der Bundesregierung noch die Reformideen der Jungen Union aus, um das Rentensystem dauerhaft tragfähig zu machen. Die Arbeitswelt wird zunehmend heterogener – körperlich belastende Berufe wie Pflege, Bau oder Logistik stehen einer wachsenden Zahl digitaler oder projektbasierter Tätigkeiten gegenüber, die andere Anforderungen an Arbeitszeiten, Erwerbsverläufe und Vorsorge mit sich bringen. Lebensläufe werden flexibler, Karrierewege individueller, und damit wächst die Lücke zu einem Rentensystem, das weiterhin in starren Strukturen denkt und plant. Weder Debatten über Haltelinien noch über die Beitragsentwicklung allein können dieses strukturelle Defizit beheben.
Für eine langfristig stabile Altersvorsorge braucht es zukunftsfähige und arbeitsnahe Modelle. Menschen müssen individuellere Möglichkeiten erhalten, frühzeitig und passend für ihren Ruhestand vorzusorgen – mit staatlichen Anreizen, die aber nicht länger nach dem Einheitsmodell funktionieren. Gleichzeitig muss anerkannt werden, dass unterschiedliche Berufe unterschiedliche Belastungen und Einkommensrealitäten mit sich bringen. Ein Rentensystem, das einen Bauarbeiter und eine Bürokraft faktisch gleich behandelt, wird zwangsläufig ungerecht. Daher braucht es ein stärker mehrsäuliges Vorsorgesystem, das gesetzliche, betriebliche und private Elemente sinnvoll verzahnt und so ausgestaltet, dass es für alle Einkommensgruppen praktikabel ist.
Entscheidend ist zudem eine Anpassung an die reale Arbeitswirklichkeit von heute: digitale, flexible und projektbasierte Arbeit, hybride Arbeitsmodelle, Teilzeitphasen oder Solo-Selbstständigkeit müssen in der Altersvorsorge abgebildet werden. Andernfalls droht eine neue Form der Altersarmut. Die Debatte um das Rentensystem muss sich daher von der reinen Gesetzeslogik lösen und stärker auf funktionierende, moderne und anpassungsfähige Modelle setzen, die den zukünftigen Herausforderungen gerecht werden. Das Rentenproblem lässt sich weder allein auf Gesetzesebene noch ausschließlich über die gesetzliche Rentenkasse lösen. Es bedarf innovativer, zukunftsträchtiger Lösungen, die näher an der Arbeitswirklichkeit liegen und den unterschiedlichen Erwerbsbiografien gerecht werden. Es bedarf einer Anpassung des Rentenpakets und darüber hinausgehender Lösungen.